Regionale Geschichte und Volkskunde: Diese Fachgebiete stehen in aller Regel im Mittelpunkt der Arbeit des Bersenbrücker Museums im Kloster. Doch einmal im Jahr tobt rund um das Gebäude das Festival Reggae Jam mit Tausenden Gästen aus aller Welt. Zum dritten Mal in Folge begleitet das Museum daher das musikalische Großereignis mit einer passenden Sonderausstellung: In diesem Jahr geht es ab dem 6. Juli um 50 Jahre Dubmusik aus Jamaika.
Die Arbeiten an der neuen Ausstellung laufen auf Hochtouren. Dabei kann das Kulturbüro des Landkreises Osnabrück auf einen profunden Kenner des Genres zurückgreifen: Helmut Philipps. Der Dortmunder ist sowohl als Journalist als auch als Tontechniker tätig. Seit mehr als 30 Jahren betreut er die Konzerte des TV-Entertainers Götz Alsmann und stand auch schon bei vielen Auftritten des Reggae Jam Festivals am Mischpult. Als passionierter Dub-Kenner beschäftigt er sich seit Langem intensiv mit der Geschichte dieser Spielart des Reggae. Sein Buch „Dub Konferenz“ wurde soeben vom einflussreichen Szene-Magazin RIDDIM zum „Besten Buch des Jahres gewählt“. Das Werk erscheint genau zu dem Zeitpunkt, an dem der jamaikanische Dub auf eine 50-jährige Geschichte zurückblickt. Naheliegend also, dass die Ausstellung im Museum im Kloster auf „Dub Konferenz“ basiert.
„Das faszinierende an Dub ist der Überraschungseffekt“, sagt Philipps über seine Motivation. „Du kennst den Song, der dem Dub zugrunde liegt. Und während in deinem Kopf alle Melodien des Originals mitschwingen, passiert etwas Unerwartetes.“ Wie kam es aber zu dieser Entwicklung? Auch damit befasst sich die Ausstellung.
Dubmusik entwickelte sich zu Beginn der 1970er Jahre in jamaikanischen Tonstudios aus Varianten von Reggae-Hits. Später wurde daraus das, was heute als Remix bekannt ist. Damals ging es darum, die zum jamaikanischen Leben gehörenden mobilen Outdoor-Discos, sogenannte Sound Systems, mit exklusivem Material zu beliefern. Dafür wurden in den Aufnahmestudios der Insel die Tonspuren aktueller Hits variantenreich zu neuen Versionen zusammengesetzt. Die Soundengineers der Studios avancierten zu Architekten einer innovativen, effektbeladenen Musik. Einer der berühmtesten Vertreter des Genres, der Tontechniker King Tubby, wurde mit Dub zum ersten Popstar, der es zu internationalem Erfolg brachte ohne zu singen, zu tanzen oder ein Instrument zu spielen.
Während die Dub-Versionen bei den jamaikanischen Sound Systems als Grundlage dienten, um darüber live zu singen oder zu rappen, kam Dub als Importware in die Londoner Clubs und eroberte von dort aus als eigenständige Musik ganz Europa. Auch das Reggae Jam hat in seinem Programm schon seit Jahren ein eigenes „Dub Camp“ etabliert.
Dubmusik begann als analoge Kunstform, aus der sich artverwandte Genres entwickelten wie zum Beispiel Dubstep, Drum’n‘Bass, Trance. Dass die Wurzeln der modernen Spielarten im jamaikanischen Reggae liegen, bleibt dabei oft unbekannt. Helmut Philipps hat sich ausgiebig mit der Geschichte des Dub befasst und ist diesen Spuren auf den Grund gegangen. Er besuchte die Orte und Studios, wo diese Musik ihren Ursprung nahm. Zahlreiche Reisen und Gespräche mit Musikern, Tontechnikern und Produzenten halfen ihm dabei, ein Gesamtbild zu erstellen. „Dub Konferenz. 50 Jahre Dub aus Jamaika“ ist eine unterhaltsame Mischung von Biografien, Perspektiven und Anekdoten aus dem karibischen Inselstaat.
Sowohl für Szenekenner als auch für Interessenten und Neueinsteiger wird „Dub Museum“ das Angebot des Reggae Jam (4.-6.8.2023) bereichern. Während des Festivals ist der Eintritt ins Museum frei. Die Ausstellung wird vom 6. Juli bis zum 10. September im kreiseigenen Museum in Bersenbrück zu sehen sein.
ACHTUNG: Abweichende Öffnungszeiten während des Reggae Jams (4.-6.8.): 12 - 18 Uhr!